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Stars are blind


Johanna Ehmke
Philipp Gufler
Marcello Spada

 

„Stars are Blind“ lautet der Titel dieser ersten Ausstellung des aktuellen Jahrgangs auf Balmoral. Damit zitieren die drei Künstler:innen den gleichnamigen Song von Paris Hilton und rufen zugleich das einst mondäne Bad Ems mit seiner Celebrity-Kultur in Erinnerung. Im 19 Jh. tummelten sich im seinerzeit angesagten Kurort die Reichen und Schönen. Aber auch die gesellschaftlichen Randfiguren waren auf den Flaniermeilen zugegen. Jene, die wiederum heute gefeiert werden: etwa der Schriftsteller Nicolai Gogol, der die Aristokraten kritisch observierte und skizzierte.
Was ist (Star-)Kult und wie lange hält er an? Wer bestimmt darüber? Und schließlich: Wie vielseitig und -schichtig muss man als Persönlichkeit sein (Paris Hilton), um ein Star zu werden und zu überdauern?

 

Wir streifen das Jahresthema „Coexist“, indem die Koexistenz verschiedener Meinungen, Medien und Methoden, ein (Künstler:innen-)Leben zu führen, in dieser Ausstellung zum Thema wird.

 

Nebenbei verraten die beteiligten Künstler:innen mit dem Ausstellungstitel: Paris Hiltons Song wurde für sie zum Soundtrack ihres Aufenthalts auf dem Schloss.

  • Ort

    Rich Cake
    Römerstraße 27
    Bad Ems

  • Dauer

    22.07.23–10.09.23

 


Johanna Ehmke (*1992) studierte an der Kunsthochschule Mainz bei Shannon Bool, Nikolas Gambaroff und Winfried Virnich. Ihre Malereien zeigen sensible Szenen des Alltags: bekannte Orte, die Drinks der letzten Nacht, den Blick in den Spiegel oder aus dem Fenster. Farbflächen unterschiedlicher Qualitäten organisieren den Weissraum und setzen sich zu Gegenständen, Figuren oder Räumen zusammen. Die minimalistischen Darstellungen entziehen sich, zerfallen in Farbe neben Farbe, um sich an anderer Stelle erneut zu verdichten. Wie eine Erinnerung, hier präzise, dort unvollständig. Lasierend und dann wieder fest. Stimmungen, Zustände, Klima, Gefühl. Die Realität scheint vernebelt und doch klar, verinnerlicht und eingesunken die Details. Nicht das Ganze. Ein poetischer Mut zur Lücke, bei dem das elliptische Erzählen auf Leinwand zum Sehen mittels Erahnen einlädt. Johanna Ehmkes erste institutionelle Einzelausstellung „ONS – Eine Nacht bleiben“ war kürzlich
im Kunstverein Trier zu sehen (bis 15. Juli 2023). Johanna Ehmke Stipendiatin des Neustart-Stipendium der Artist Residency Schloss Balmoral.

 


Philipp Gufler (*1989) lebt in Amsterdam und München. Er erforscht Themen der queeren Bildsprache und hinterfragt die westliche Geschichtsschreibung, in der Heterosexualität und ein binäres Geschlechtersystem die soziale Norm definieren. In seiner künstlerischen Praxis verwendet er verschiedene Medien, darunter Siebdrucke auf Stoffen und Spiegeln, Künstlerbücher, Performances und Videoinstallationen. Seit 2013 ist er ein aktives Mitglied des Forum Queeres Archiv München. In seinen Quilts, einer fortlaufenden Serie von Siebdrucken, verweist Gufler auf Künstler:innen, Wissenschaftler:innen und Orte des queeren Lebens, die in schriftlichen Darstellungen und im historischen Kanon wenig oder gar keinen Platz gefunden haben. Philipp Guflers Poster, Zine und Videoinstallation Lana Kaiser ist ein persönliches Portrait der Sängerin und Entertainerin. 2002 wurde Lana Kaiser durch einen Auftritt in der ersten Staffel von Deutschland sucht den Superstar bekannt. Die 1985 geborene Sängerin trat in der Show unter ihrem Geburtsnamen Daniel Küblböck auf. Am 9. September 2018 verschwand sie von einem Kreuzfahrtschiff, das sich auf dem Weg nach Nordamerika befand. Die meisten Medien und die Mehrheit der Öffentlichkeit zogen es nicht in Betracht, sie bei ihrem gewählten Namen, Lana Kaiser, zu nennen. Philipp Gufler nahm an den Künstlerresidenzen De Ateliers, Amsterdam (2015-2017), Skowhegan School of Painting & Sculpture, Maine, USA (2019) und Delfina Foundation, London, UK (2021) teil.

 


Marcello Spada (*1984) ist ein bildender Künstler, der in Italien und Deutschland tätig ist. In seinen Arbeiten befasst er sich mit Fragen des Eigentums, Praktiken der Anleihe und Zitaten im Digitalen. Er stellt Objekte her, die häufig die Arbeiten von Nachkriegskünstler:innen zitieren, welche die Verbindung zwischen Kunst und Leben ebenso wie die Motive und Absichten von Künstler:innen hinterfragten. Marcello Spada studierte Bildende Kunst an der IUAV Universität Venedig, an der HfBK Städelschule Frankfurt und am Sandberg Institut Amsterdam. Er stellte vielfach an öffentlichen und privaten Orten aus, darunter La Quadriennale Rom, HangarBicocca Mailand, Centro Luigi Pecci Prato, MMK Frankfurt, Hamburger Bahnhof Berlin, Weltkulturen Museum Frankfurt, Viafarini Mailand, Fondazione Bevilacqua La Masa Venedig, Toast Project Space, LOCALEDUE Bologna, BASE Florenz, TRIPLA Bologna, Inox Kopenhagen, X-Bank Amsterdam, Wschód Gallery, Warschau. 2019 erhielt er ein Reisestipendium der Hessischen Kulturstiftung. Im Rahmen seines Aufenthalts in der Artist Residency Schloss Balmoral unterrichtet er in diesem Semester an der Kunsthochschule Mainz das Seminar „Ein Ball, eine Kartoffel, die Erde“.

Johanna Ehmke: empty shots, 2022 Öl auf Leinwand 43 cm x 50 cm courtesy the artist
Philipp Gufler, Lana Kaiser, 2020, Offset print, 84.2 x 59.7 cm, courtesy the artist and BQ, Berlin
Marcello Spada, Escape-Pathfinder, 2016, foam, cord, bent hiking poles, dimensions variable, courtesy the artist, photo: Niccolò Morgan Gandolfi